Shopping-Center-Markt Deutschland

Ähnlich verschieden wie die Menschen

Husemann Karree: Es gibt auch noch Neueröffnungen und Verkäufe. Foto: HBB

Im Investmentmarkt für Handelsimmobilien spielen Shopping-Center derzeit nicht die große Rolle. Doch der Blick auf Neueröffnungen und Revitalisierungen zeigt, wie viel in der Branche in Bewegung ist, um den Kundenansprüchen gerecht zu werden.

Im ohnehin schwachen Investmentmarkt hat die Asset-Klasse Shopping-Center derzeit besonders zu kämpfen, obwohl die Renditen mit 5 bis 6% wieder ein attraktives Niveau erreicht haben. Doch die großen Volumina der Einkaufszentren übersteigen derzeit die Investitionsgrenzen vieler Marktakteure in einem Immobilienmarkt, der mit den erschwerten Finanzierungsbedingungen nach der Zinswende kämpft und in dem die Preisvorstellungen von Verkäufern und Käufern weiterhin auseinanderklaffen, wie die vielen vom Immobilienberater Savills beobachteten Abbrüche bei Transaktionen belegen.

In diesem Umfeld ist der Verkauf des ersten Bauteils vom Husemann Karree in Bochum durch die HBB GmbH an die LHI Gruppe Anfang dieses Jahres ein Lichtblick. Und im vergangenen Jahr zeigte der Hamburger Shopping-Center-Investor Deutsche Euro Shop AG durch seine Beteiligungsaufstockung an fünf namhaften deutschen Einkaufszentren, dass diese Anlage-Klasse keineswegs aus dem Blickfeld der Investoren verschwunden ist.

Dass der deutsche Shopping-Centermarkt lebt und sich auch lebhaft mit den veränderten Anforderungen der Kunden auseinandersetzt, zeigen die Ergebnisse des Shopping Center Report 2024, den das EHI Retail Institute Köln in Kooperation mit dem German Council of Shopping Places (GCSP) und mit Unterstützung von Partnern aus Handel und Handelsimmobilien-Szene herausgebracht hat. Wie André StromeyerGeschäftsführer der HBB Centermanagement zusammenfasst, geht es vermehrt darum, die Einkaufstempel so aufzustellen, dass sie den Bedürfnissen der modernen Gesellschaft gerecht werden. Neben dem reinen Einzelhandelsangebot heißt das mehr Gastronomie, Freizeiteinrichtungen und womöglich Raum für kulturelle Veranstaltungen – also außer Einkaufen noch viele andere Lebensbereiche unter einem Dach.

Dazu müssen aus Sicht von Christine HagerVorstandsvorsitzende des GCSP, alle Marktakteure bereit sein, an einem Strang zu ziehen. Aber vor allem die Politik ist aus ihrer Sicht gefordert, baurechtliche Hürden zu beseitigen und Gesetzgebungsprozesse oder Genehmigungen zu beschleunigen, damit die erforderlichen Veränderungen auch umgesetzt werden können. Das deutsche Planungsrecht setzt bekanntlich sehr enge Grenzen. In ihren Gedankenexperimenten stellt Lena Knopf, Projektleiterin im Forschungsbereich Immobilien + Expansion des EHI Retail Instituts und Leiterin des Shopping Center Reports, vor diesem Hintergrund fest, dass „Shopping-Center für Menschen gemacht sind – diese Menschen also folglich im Mittelpunkt allen Tuns und Denkens um Shopping-Center stehen müssen“.

Erstmals ging die Zahl der Shopping-Center zurück

Mit Blick auf die Zeitspanne von 59 Jahren, seit mit dem Ruhr Park Bochum und dem Main Taunus Zentrum bei Frankfurt 1965 die ersten deutschen Einkaufszentren eröffnet wurden, präsentieren sich die 506 Center (ab 10 000 qm) mit zusammen 16,3 Mio. qm Fläche, die im EHI Report analysiert werden, laut Knopf – ähnlich wie Menschen – sehr unterschiedlich: „Manche sind freundlich, aufgeweckt, fit und voller Leben – andere waren das mal und ihnen ist aus verschiedenen Gründen etwas ,die Puste ausgegangen‘, sie wünschen sich Zuwendung und eine Perspektive“, zählt die Expertin auf: Manchen Objekten reiche vielleicht ein Makeover, bei anderen sei womöglich eine Änderung des Lebensstils notwendig. Genauso wie auch fitte und gesunde Menschen für sich ein neues Hobby oder eine neue Leidenschaft entdecken können, so könne auch für ein Shopping-Center eine Neuausrichtung angesagt sein.

Hier spiegelt sich das zentrale Thema wider, das den deutschen Center-Markt – genauso wie den europäischen – zuletzt sehr beschäftigt: Die Modernisierung und Revitalisierung in die Jahre gekommener Einkaufszentren. Dabei spielt auch die Tatsache eine Rolle, dass viele Einzelhändler nach den Boomjahren 2014 bis 2017 ihre Expansion eingeschränkt haben und namhafte Ketten als Folge der Pandemie-Restriktionen im Rahmen von Insolvenzen ihr Filialnetz verkleinert haben.

Schon deshalb müssen sich die Center-Betreiber Gedanken darüber machen, welche weiteren Nutzungen sie auf den 16,3 Mio. qm Centerfläche ansiedeln können. Der wachsende Bedarf vieler Konsumenten, auch andere Angebote mit dem Einkaufen zu verbinden oder mehr Freizeit im Center zu verbringen, kommt diesem Veränderungsdruck beim Mietermix entgegen. Dabei hat in fünf Fällen die Neuvermietung an andere Branchen allerdings dazu geführt, dass der Handelsanteil so geschrumpft ist, dass die Center unter die 10 000 qm Grenze gefallen sind und laut Lena Knopf deshalb aus der Liste gefallen sind. So ist die Zahl der Einkaufszentren in Deutschland zu Jahresbeginn trotz der beiden Neueröffnungen per Saldo erstmals seit 1965 gesunken, von 509 im Jahr 2023 auf 506 in diesem Jahr.

Fünf Shopping-Center sind aus der Liste gefallen

Im Einzelnen gehören dazu die Aachen Arkaden, die zu einem Büro- und Verwaltungsgebäude umgebaut werden, das Blautal-Center Ulm, das durch Neubebauung zum Blau. Quartier mit 1 000 Wohnungen, Einzelhandel und Büroflächen wird. Im Holstein Center Itzehoe wird es nur noch im Erdgeschoss Handelsflächen geben und in den oberen Etagen andere Mieter. Auch im MEP Meppen, das nun Ems-Quartier heißt, wurde die Einzelhandelsfläche reduziert, genauso wie in der Postgalerie Speyer. „Teilweise bleiben die Immobilien also bestehen, teilweise werden auch Neubebauungen realisiert“, schreibt Knopf dazu: „Bei diesen Entwicklungen muss man folglich korrekterweise von Transforming Malls oder Downsizing Malls sprechen.“

Gleichzeitig kamen mit dem Husemann Karree in Bochum und dem Fachmarktzentrum Westerwald Arkaden in Höhr-Grenzhausen 2023 zwei neue Center hinzu. Dass mit dem dreiteiligen Gebäudeensemble Husemann Karree am Husemann Platz, der gerade zum zentralen Innenstadtplatz von Bochum weiterentwickelt wird, ein Mischobjekt mit 37 500 qm Mietfläche auf den Markt kommt, zeigt auch, wie weit der Gedanke der gemischten Nutzung in der Branche inzwischen verankert ist. Zentrale Handelsmieter des Objekts, in das die Hamburger HBB als Entwickler und Investor 180 Mio. Euro investiert hat, sind u.a. Rewe, Woolworth und der Textilanbieter Kult.

Mit den Westerwald Arkaden (rund 14 600 qm Mietfläche) des Eigentümers Greenman Open in der Verbandsgemeinde Höhr-Grenzhausen verfolgte die Kommune nicht zuletzt auch das Ziel, mit einem umfassenden Einzelhandelsangebot aus den Bereichen Lebensmitteln, Mode, Haus/Einrichtungen und Geschenke sowie attraktiver Gastronomie die Kaufkraft in der Westerwaldregion zu halten. Ein Gesundheitszentrum, eine Apotheke, eine Bank und ein Friseur arrondieren den Versorgungsgedanken der Arkaden, die von der Schoofs Immobilien GmbH Frankfurt entwickelt wurde.

Zu den spektakulären Neueröffnungen im Jahr 2024 wird das Westfield Hamburg-Überseequartier gehören – auch wenn die Eröffnung zunächst vom 25. April auf Ende August verschoben wurde. Auch hier handelt es sich um ein Mischobjekt bzw. ein urbanes Mixed-Use-Quartier mit viel Gastronomie und Dienstleistungen um das Handelsangebot herum. Insgesamt befinden sich laut Shopping-Center-Report in der Projektpipeline derzeit etwa elf Shopping-Center, Factory Outlet Center und mischgenutzte Quartiere mit „wesentlichem Einzelhandelsanteil“. Darunter sind die Eröffnungen bzw. die Teileröffnungen der Hertener Höfe, des Stadtquartiers ZAM in Freiham bei München und der Monheimer Mitte noch in diesem Jahr zu nennen. Charakteristisch für einzelne neue Projekte ist laut Report, dass sie auf ehemaligen Handels- oder Centerstandorten entstehen wie das Märkische Quartier auf dem Areal des Märkischen Zentrums in Berlin, das Altstadt Karree auf dem früheren City-Point-Gelände in Nürnberg oder das LU: in Mainz auf dem Gelände der ehemaligen Karstadt-Filiale.

Noch etwa elf Objekte in der Projektpipeline

Deutlich länger als die Liste der geplanten Neuentwicklungen ist mit 25 die Liste der aktuell geplanten Revitalisierungen. Dabei registrierte Studienleiterin Lena Knopf im Kontext der 2023 abgeschlossenen zehn Revitalisierungen eindeutige Trends wie die Umstrukturierung und Nachnutzung frei gewordener Großflächen von Unternehmen wie Real oder Galeria bzw. Karstadt sowie die Entwicklung oder Modernisierung von Food Courts und die energetische Sanierung von Einkaufszentren.

So wurde im Rathaus-Center Dessau eine ehemalige Karstadt-Fläche u. a. an Media Markt und Rusta vermietet, im Chemnitz Center zog ein E-Center auf eine verkleinerte Marktkauf-Fläche, ergänzt durch Lidl und eine Apotheke, im Gutenberg Center Mainz wurde eine ehemalige Real-Fläche für einen Kaufland und mehrere kleinere Läden aus den Branchen Lebensmittel und persönlicher Bedarf umgebaut und es entstanden neue Mietflächen für Decathlon, Smyths Toys und Drogerie Müller. Das Lichtkonzept wurde auf LED-Technik umgestellt. Im Allee Center Remscheid wurde die ehemalige Real-Fläche für Edeka, Aldi Nord sowie TK Maxx neu hergerichtet, die Böden, Wände und Decken modernisiert sowie Sitz- und Loungebereiche eingerichtet.

Im 1971 eröffneten Rems Park in Waiblingen, der Ende 2022 von Kaufland erworben wurde und von der MEC GmbH gemangt wird, wurde ausgehend von der Neuentwicklung einer früheren Real-Fläche das gesamte Center revitalisiert und modernisiert, indem neue Flächen für Kaufland, weitere Fachmärkte und einen neuen Food Court entstanden. Zudem wurde das Fachmarktzentrum baulich und technisch aufgefrischt und das Dach für die Installation einer PV-Anlage nachgerüstet. Auch das 30 Jahre alten Seidnitz Center Dresden der Deka Immobilien, das von Apleona gemanagt wird, wurde u.a. energetisch saniert und der Food Court im Erdgeschoss modernisiert.

Dagegen wurde die Handelsfläche im Stuttgarter Center Das Gerber, das der Württembergischen Lebensversicherung AG gehört, unter Ägide des Center-Managers IPH von 25 000 qm auf 16 000 qm reduziert und es wurden weitere Nutzungen wie Wohnungen, Büros, Coworking-Angebote und ein Hotel angesiedelt. Das Rathaus-Center Pankow, das von der Jagdfeld Real Estate gemanagt wird, wurde um ca. 2 100 qm erweitert, die Mall- und Zugangsbereiche wurden modernisiert, ein Loungebereich etabliert und der Bereich vor den Aufzügen aufgewertet.